Prof. Dr. Vorwerk

BGH entscheidet erneut über Schadensersatzklage wegen überlanger Verfahrensdauer eines Zivilprozesses

In Kürze wird sich der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes erneut mit einem Verfahren befassen, über das er bereits im Jahr 2010 entschieden hat. Seinerzeit hatte der Bundesgerichtshof das (erste) Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen; in den Urteilsgründen hatte der Bundesgerichtshof dem Oberlandesgericht Maßstäbe an die Hand gegeben, die bei der erneuten Entscheidung zu beachten sind (vgl. dazu BGH, Urt. v. 04.10.2011 – III ZR 32/10).

Dieses, nach Zurückverweisung ergangene, Urteil ist nun Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Der Bundesgerichtshof muss klären, unter welchen Voraussetzungen wegen der überlangen Verfahrensdauer eines Zivilprozesses ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung besteht. Durch das Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (BGBl, Teil I, 2011, S. 2302) am 3. Dezember 2011 hat sich die Rechtslage geändert. Der Bundesgerichtshof wird sich daher auch mit der Frage befassen müssen, ob das neue Recht – und sei es analog – auch auf abgeschlossene Sachverhalte Anwendung findet, innerhalb derer der Anspruch auf § 839 BGB gestützt worden war.

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger betrieb vormals ein Transportunternehmen. In den Jahren 1981/1982 war er als Subunternehmer der Fa. B. -M bei dem Neubau zweier Landesstraßen tätig. Bei Abrechnung der Leistungen entstand Streit unter anderem darüber, ob dem Kläger in erster Linie Beförderungsleistungen (Abtransport der angefallenen Erd- und Gesteinsmassen) mit der Folge eines Vergütungsanspruchs nach dem insoweit bindenden Tarif für den Güternahverkehr (GNT) oder aber Erdarbeiten mit der Folge einer Abrechnung nach den vertraglichen Bestimmungen und damit im Wesentlichen nach Massen in Auftrag gegeben worden waren. Die Firma B. -M. bezahlte die nach Maßgabe des GNT erstellten klägerischen Rechnungen nur teilweise.

In dem darauf vom Kläger eingeleiteten Rechtsstreit, hat das Landgericht Detmold mit Urteil vom 18. April 1985 die Klageforderung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; der Kläger dürfe nach dem GNT abrechnen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Hamm am 19. Juni 1986 zurückgewiesen. Durch Beschluss vom 24. Juni 1987 hat der Bundesgerichtshof die Revision der Firma B. -M. nicht angenommen. Im anschließenden Betragsverfahren hat das Landgericht Detmold nach umfangreicher Beweisaufnahme mit Schlussurteil vom 24. Mai 1996 der Klage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm, in dem zunächst eine weitere umfangreiche Beweisaufnahme stattfand, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 1. Februar 2002 auf Antrag der Firma B. -M. vom 23.

November 2001 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger erhielt am 11. November 2002 aus einer von der Fa. B. -M. zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des Landgerichts Detmold vormals gestellten Prozessbürgschaft 680.000 DM (347.678,47 €). Das Berufungsverfahren endete mit einem am 1. März 2004 zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Vergleich. Wegen Masseunzulänglichkeit hat der Kläger allerdings keine Aussicht, die hieraus resultierenden weitergehenden Ansprüche gegen die Firma B. -M. durchzusetzen.

Seinen diesbezüglichen Ausfallschaden macht der Kläger nunmehr gegenüber dem beklagten Land geltend. Die im Vorprozess tätigen Gerichte hätten pflichtwidrig das Verfahren nicht ausreichend gefördert. Bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung hätte der Vorprozess spätestens bis Ende 1990 mit einem rechtskräftigen Urteil, das bezüglich einer Zahlungsverpflichtung der Fa. B. -M. nicht hinter dem Vergleich vom 1. März 2004 zurückgeblieben wäre, beendet sein müssen. Die Zahlungsunfähigkeit der Fa. B. -M. sei erst viele Jahre später eingetreten.

Weitere Informationen zum vorherigen Verfahren lassen sich der Pressemitteilung Nr. 232/10 des Bundesgerichtshofes entnehmen.