Mit Nichtannahmebeschluss vom 20.11.2013 hat die 2. Kammer des Ersten Senates des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Verfassungsbeschwerde der Notarin M nicht zur Entscheidung angenommen wird (§93a Abs. 2 BVerfGG), da die Beschwerdeführerin den Grundsatz der Subsidiarität nicht beachtet hat.
Die Beschwerdeführerin M ist seit 1982 Rechtsanwältin und wurde im Jahr 1994 zur Notarin bestellt. Im Jahr 2004 gestattete die zuständige Dienstaufsichtsbehörde ihr das Notaramt länger als 1 Jahr niederzulegen (§ 48b BNotO). Im Jahr 2004 wollte die Beschwerdeführerin wieder zur Notarin bestellt werden.[nbsp] Die Dienstaufsichtsbehörde versagte die Wiederbestellung, da aufgrund der Bedarfsplanung[nbsp] keine Notarstelle ausgeschrieben sei. Die Klage gegen den, die Wiederbestellung versagenden Bescheid der Dienstaufsichtsbehörde hatte weder beim OLG noch beim BGH Erfolg.
Die Verfassungsbeschwerde scheiterte an der Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes. Auf eine, während des Verfahrens vor den Instanzgerichten, laufende Ausschreibung[nbsp] einer Notarstelle hatte M nicht alle, ihr zustehenden, Möglichkeiten genutzt, um die von ihr gerügte Verletzung von Grundrechten zu beseitigen. Im konkreten Fall verzichtete sie bewusst darauf einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, da ihr Anwaltssozius die ausgeschriebene Stelle erhalten sollte.
Jedoch muss der Umstand, dass M bereits Anwaltsnotarin gewesen ist bei einer künftigen Bewerbung berücksichtigt werden. Diese Auslegung, die auch der Bundesgerichtshof für geboten ansah (BGH, Urt. v. 23.07.2012 – NotZ 12/11, NJW 2012, 2972) ist dem Bundesverfassungsgericht nach verfassungsrechtlich geboten. Denn Art. 3 Abs. 2 GG bietet auch Schutz vor faktischen Benachteiligungen. Die Nachteile einer Amtsniederlegung für die Dauer von mehr als einem Jahr treffen typischerweise Frauen. Auch die Einführung des Elterngeldes konnte hieran nichts ändern. Deshalb kann dem Umstand, dass eine Bewerberin, der in der Vergangenheit bereits Notarin war und ihr Amt gemäß § 48b BNotO länger als ein Jahr niedergelegt hat, dazu zwingen, zu prüfen, ob wegen Art. 3 Abs. 2 GG von den Regelvoraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 1 BNotO abzuweichen ist. Von den in § 6 Abs. 2 S. 1 BNotO (bspw. örtliche Wartezeit/ notarielle Fachprüfung) geregelten Anforderungen, die nur Soll-Vorschriften sind, kann demnach in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Die Dienstaufsichtsbehörde hat bereits in einem, an das Verfassungsgericht gerichteten Schriftsatz mitgetilt, dass sie die Ablegung der Fachprüfung gemäß § 6 Abs. 2 BNotO bei Bewerbern, die bereits zum Notar bestellt gewesen sind, nicht mehr für notwendig hält.
Weitereführende Links
- Link zum Volltext der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
- Link zur Meldung des, dem Verfahren zugrundesliegenden BGH-Urteils
- Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Verfassungsrechtsausschuss zu der Verfassungsbeschwerde der ehemaligen Notarin M. – 1 BvR 63/12
- Kommentar im Anwaltsblatt, Ausgabe 2/2014, S. 189, 192 abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank